In Deutschland gibt es viele Debatten über Menschen mit einem sogenannten „Migrationshintergrund“. Die meisten dieser Diskussionen sind jedoch in zweierlei Hinsicht unzureichend: 1) Sie gehen häufig davon aus, dass eine Migrationsgeschichte etwas Einheitliches ist und dass diese als eine homogene Kategorie zur Charakterisierung einer Gruppe in der Bevölkerung verwendet werden kann, obwohl wir wissen, dass diese Gruppen sehr vielfältig und unterschiedlich sind; und 2) oft wird angenommen, dass für Menschen mit Migrationsgeschichten diese der entscheidende Faktor dafür ist, sich politisch zu beteiligen – und ignorieren dabei, dass andere sich überschneidende Faktoren wie Geschlecht, sozio-ökonomischer Status oder Diskriminierungserfahrung genauso wichtig sein könnten.
Dieses Projekt zielt darauf ab, solche undifferenzierten Annahmen aufzulösen. Anstatt davon auszugehen, dass Menschen mit Migrationsgeschichten bestimmte Werte oder Ansichten gegenüber dem politischen System vertreten, untersuchen wir empirisch, was die politischen Einstellungen und Verhaltensweisen wirklich beeinflusst und beschäftigen uns mit einer viel breiteren Palette unterschiedlicher Faktoren. Wir untersuchen, wie verschiedene Gruppen von Menschen, über die normalerweise primär von Anderen gesprochen wird, anstatt sie selbst zu Wort kommen zu lassen, sich tatsächlich politisch engagieren und Barrieren bei ihrer Beteiligung erfahren. Wir möchten die Diversität der Ansichten und Formen des politischen Engagements in verschiedenen Gemeinschaften zeigen.
Zu diesem Zweck führten wir in Deutschland eine repräsentative mehrsprachige Umfrage mit einer großen Stichprobe von Menschen mit unterschiedlichen Migrationsgeschichten durch, um ihre Ansichten angemessen widerzuspiegeln und sie mit den Ansichten der Gesamtbevölkerung zu vergleichen. Wir stellten sowohl Fragen zu politischen Einstellungen und Verhaltensweisen, als auch Erfahrungen und Faktoren, die die politische Beteiligung beeinflussen abfragen. Die Ergebnisse ermöglichen uns, neue Ansätze zur Differenzierung zu entwickeln und bestehende Modelle zu hinterfragen, welche Gruppen welche Hindernisse zur politischen Partizipation innerhalb und außerhalb parteipolitischer Strukturen gemein haben.
Dieses Projekt wird von den Open Society Foundations gefördert und erste Ergebnisse wurden wir im Juni 2021 veröffentlicht.