Zeitenwende – Wahrnehmungen und Wünsche zur deutschen Außenpolitik

Kurz nach der russischen Invasion in die Ukraine verkündete Olaf Scholz in seiner Rede im Bundestag am 27. Februar 2022 die Zeitenwende. In seiner Ansprache betonte Scholz dabei nicht nur seine Unterstützung für die Ukraine und die Verurteilung der völkerrechtswidrigen Invasion durch Russland. Seine Rede wird oft als Wendepunkt in der deutschen Außenpolitik betrachtet, bei dem sich Deutschland zunehmend von dem langjährigen Motto “Wandel durch Handel” — also der Einflussnahme auf andere Staaten durch Handelsbeziehungen — verabschiedet. So wurden seitdem eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, wie der Sonderetat für die Bundeswehr oder die generelle Erhöhung des Wehretats. Die angestrebte Version der Zeitenwende durch die Bundesregierung umfasst aber nicht nur eine Veränderung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik, sondern zielt auch grundlegend darauf ab, Außenpolitik anders zu gestalten und auch Abhängigkeiten vom Ausland zu reduzieren, insbesondere in der Energiepolitik.

Die Positionen der Bevölkerung in Deutschland zu diesem Thema wurden bisher wenig erforscht. Daher führen wir im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) Fokusgruppen in sechs deutschen Städten mit der Bevölkerung durch. Wie wird Deutschlands außenpolitische Rolle wahrgenommen? Wie bewertet die Bevölkerung die bisherigen Maßnahmen zur Zeitenwende? Welche Wünsche und Sorgen bestehen in Bezug auf die Zeitenwende? Diese Fragen werden nicht nur mit der Bevölkerung diskutiert, sondern auch in Fokusgruppen mit Mitgliedern der DGAP. Dadurch können wir nicht nur die Perspektiven der Bevölkerung aus verschiedenen Städten in Deutschland erfassen, sondern sie auch mit den Positionen eines informierten Publikums bzw. Expert*innen vergleichen. Abschließend führen wir in den sechs Städten teilnehmende Beobachtungen von öffentlichen Diskussionen mit Mitgliedern des Deutschen Bundestags durch, die von der „Aktionswerkstatt Zeitenwende“ der DGAP veranstaltet werden.

Das Projekt soll vertiefende Erkenntnisse darüber liefern, wie die Bevölkerung bisher die Zeitenwende wahrgenommen hat, wie Maßnahmen bewertet werden und welche Wünsche in der Bevölkerung zur Außenpolitik bestehen.