Gemeinsame Sorgen und Hoffnungen
Politische Einstellungen der EU-Bürger*innen vor den Europäischen Parlamentswahlen 2024 verstehen
Im Juni 2024 sind rund 400 Millionen Menschen in der Europäischen Union dazu aufgerufen, ihre Stimmen bei den Wahlen zum Europäischen Parlament abzugeben. Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass angesichts der vielseitigen Krisen der letzten Jahre, viele Bürger*innen der EU zunehmend politische Bedeutung zuschreiben und ein erhöhtes Interesse zeigen, zur Wahl zu gehen. Zugleich verzeichnen Umfragen in vielen EU-Mitgliedsstaaten einen Aufschwung rechtspopulistischer Parteien. Die Sorge um einen weiteren Rechtsruck bei den Wahlen und einer damit einhergehenden Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse in Europa wächst bei denjenigen, die für mehr Demokratie und eine offene Gesellschaft eintreten.
Innerhalb dieses komplexen Szenarios ist es zentral, die politischen Einstellungen von Bürger*innen nuanciert zu analysieren, anstatt sich vereinfachenden Untergangsszenarien hinzugeben. In unserem neuen Forschungsprojekt untersuchen wir daher, wie die europäische Öffentlichkeit die EU derzeit wahrnimmt und mit politischen und wirtschaftlichen Fragen vor den Wahlen umgeht. So möchten wir einen tiefergehenden Blick auf das Zusammenspiel zwischen ökonomischen Situationen, Verständnissen und Ansichten von Menschen und ihren politischen Einstellungen werfen.
Das Forschungsprojekt zielt darauf ab, Gemeinsamkeiten in politischen Einstellungen, Sorgen und Hoffnungen von EU-Bürger*innen vor den Wahlen in acht Mitgliedsstaaten zu identifizieren. Wir betrachten, inwiefern Menschen in verschiedenen Mitgliedstaaten ähnliche politische Ansichten und Bedenken in Bezug auf die EU teilen. Dabei stellen wir die gängige Annahme in Frage, dass bestehende politische und wirtschaftliche Sorgen zwangsläufig einen Wunsch nach weniger europäischer Zusammenarbeit bedeuten.
Besonderes Augenmerk liegt auf der Frage, wie Menschen mit unterschiedlichem sozioökonomischem Hintergrund und materiellen Lebenssituationen die vielseitigen Krisen der letzten Jahre erlebt haben. Wir möchten verstehen, wie diese materiellen Bedingungen politische Einstellungen zur EU und zu zentralen Themen wie etwa Klima, Migration oder EU-Erweiterung mitformen. Zudem interessiert uns, welche Themen besonders salient sind und ob länderübergreifend gemeinsame Ansichten innerhalb bestimmter Bevölkerungsgruppen verbreitet sind.
Das Projekt startet explorativ mit qualitativen Fokusgruppen in Frankreich und Deutschland, gefolgt von einer umfassenden quantitativen Umfrage in acht EU-Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, Frankreich, Polen und Italien. Erste Ergebnisse bringen wir durch informative Grafiken und einen Kurzbericht in die Debatten rund um die Wahl ein. Zudem stellen wir Material für zivilgesellschaftliche Organisationen bereit.
Das Projekt wird von der Open Society Foundation gGmbH finanziell gefördert.